Von Mariposa – liegt mitten in den „Foot Hills“ am östlichen Rand des San Joaquin Valleys – fuhren wir dann quer durch das Tal in Richtung Diablo Range, vorbei an Pistazienplantagen, Pflaumenkulturen – in dieser Region werden primär Dörrpflaumen erzeugt – und riesigen Milchviehfarmen. An der Westseite des Valley, bereits in der Diablo Range liegt das San Luis Reservoir, ein 51 km² großer Stausee, der zur Bewässerung und Stromerzeugung verwendet wird. In diesem Pumpspeicherkraftwerk können 450 MW Spitzenstrom erzeugt und gewinnbringend in den großen Städten an der Küste verkauft werden.
Unser Ziel ist aber das Salinas Valley, das westliche Paralleltal zum San Joaquin Valley, dass rund 140.000 ha Acker-, Folientunnel- und Glashausfläche umfasst. In diesem Tal befindet sich das Zentrum der US Gemüseproduktion. Die hier erzeugten Gemüsearten decken zwischen 80 und 90 % !!!! des US Bedarfs - von Artischocken, Brokkoli, Industrietomaten, Zeller, Knoblauch, Kohlrabi, Blumenkohl, Spargel, Erdbeeren, Karotten, Spinat, Pflückerbsen, Gemüsefenchel und natürlich alle Salatsorten. Wegen dieser beeindruckenden Produktionsziffern wird das Salinas Valley in Fachkreisen als „The Salad Bowl of the World“ bezeichnet.
Die Kulturführung ist perfekt, hier wird nichts dem Zufall überlassen. Es wird ständig beregnet, gedüngt und gespritzt – nur der Höchstertrag zählt. Gemüse ist hier Big Business, mit rund 4 Mrd. US$ Jahresumsatz. Die Produktionsbedingungen sind äußerst günstig – mildes Klima, leichte Böden, viel Sonne, bisher ausreichend Wasser und billige Arbeitskräfte (im südlichen Kalifornien leben sehr viele Hispanics). Obwohl hier derzeit Anbau-, Pflege- und Erntesaison gleichzeitig ist und wir auf vielen Feldern Arbeiter sahen, sind wir keinem einzigen „Farmer“ begegnet.
Die Art wie hier produziert wird, ist so ziemlich in allen Punkten das Gegenteil von dem wie wir zu Hause arbeiten. Riesige Betriebseinheiten, ausschließlich Fremdarbeitskräfte, exzessiver Einsatz von Energie, Mineraldünger und Pestiziden, keine Rücksichtnahme auf Grundwasser, Humusbilanz, Bodenleben und Nachhaltigkeit. Mit einem acre (~ 0,42 ha) Salat wird hier rund 6.000 US$ Umsatz gemacht, also lieber eine Düngergabe um 40 US$ mehr ausgebracht, als ein Ertragsrisiko eingehen. Liegen wir mit unserer Wirtschaftsweise falsch, wenn die mit ihrer so viel Geld machen? Nun ja, einerseits kann man sich mit den tollen Produktionsvoraussetzungen hier einiges erlauben (mit voller Hose kann man bekanntlich leicht stinken) und andererseits kann aus einer erfolgreichen Vergangenheit keine ebensolche Zukunft abgeleitet werden.
Hier fehlt beim genauen Hinsehen jedenfalls die Innovationskraft. Verglichen mit den Farmern in Australien und Neuseeland, die zwar teilweise auch mit großen Einheiten arbeiten, aber selber am Feld anzutreffen und ständig innovativ sind, werken hier nur Lohnempfänger in Befehlsketten. Da entsteht nichts Neues, da wird keine Maschine weiterentwickelt, höchstens noch das neueste Spritzmittel eingesetzt. Bei Recherchen im Internet - siehe
http://knowwhereyourfoodcomesfrom.com/2010/07/26/industrial-vegetable-production-in-california%E2%80%99s-salinas-valley/
kommt man sehr rasch auf Berichte, die die Umweltauswirkungen der hiesigen Produktionsweise aufzeigen. Das Grundwasser im südlichen Teil des Salinas Valley ist bereits derart stark mit Nitrat und Pestiziden verseucht, dass es als Trinkwasser und Viehtränke !! absolut ungeeignet ist. Außerdem wird durch die übermäßige Grundwasserentnahme der Grundwasserspiegel abgesenkt und es kommt zum Einströmen von Meerwasser, das gegenwärtige Bewässerungssystem wird dadurch jedenfalls in Frage gestellt. Darüber hinaus ändert sich auch das Nachfrageverhalten einer wachsenden Zahl von US-Konsumenten. Nicht bloß äußere Qualitätsmerkmale sondern Frische (bis New York sind es mehr als 3.000 km), Geschmack, Gesundheitswert spielen bei den zahlungskräftigen Konsumenten eine größere Rolle, bleiben zwar noch die Unterschicht und die Arbeitslosen, doch die essen vorwiegend gemüseloses Fastfood. In diesen Punkten hat das Salinas Valley also ganz schlechte Karten und es würde mich nicht wundern, wenn sich in den nächsten zehn Jahren hier einiges ändert.