Vormittags Weiterflug nach Phnom Penh, tolles Flugwetter mit eindrucksvollen Bildern von Tonle Sapsee und den Reisfeldern im extrem flachen Land zwischen Siam Reap und Phnom Penh. Nach dem Check Inn im eigentlich ganz ordentlichen Goldiana Hotel 3*** mit Swimming Pool und kostenlosem WiFi (im Moment bin ich mir allerdings nicht ganz sicher die sonderbaren Geräusche ober mir nicht doch von Ratten stammen – Gott sei Dank schläft Beate schon und Morgen Vormittag reisen wir ohnedies weiter) unternahmen wir mit unserer neuen Reiseführerin Thea erst einmal einen Besuch bei einem der Sozialprojekte der Salisianer Schwerstern Don Bosco in Phnom Penh (rund 900 Waisenkinder und Kinder aus extrem armen Verhältnissen werden im Kindergarten 3-6 Jahre, in der Grundschule 6 bis 11 Jahre und in der Ausbildung zu Hotelfachkräften 17 – 18 Jahre betreut). Obwohl unser Besuch nicht angekündigt war, wurden wir äußerst freundlich aufgenommen, nach einem längeren Einführungsgespräch wurden uns alle Einrichtungen gezeigt – sowohl die Kinder als auch der Zustand der baulichen Anlagen machen einen äußerst reinlichen und geordneten Eindruck – absolut nicht vergleichbar mit dem was ich vor Jahren bei Ilse in Rumänien gesehen habe. Auch die Beruhigungsphase nach der Pause und vor der nächsten Unterrichtstunde war für Beate aus pädagogischer Sicht recht interessant – auf diese Weise sind die rund 45 Kinder pro Klasse!!! durchaus betreubar. Die von Beate mitgebrachten Stifte werden zweifellos die richtige Verwendung finden und auch die Möglichkeit der finanziellen Beteiligung an diesem Projekt gibt uns die Perspektive einen kleinen Puzzlestein bei der Bewältigung der Entwicklungsprobleme dieses Landes setzen zu können. Es war für uns jedenfalls ein unbeschreibliches Gefühl, mitten unter hunderten Kindern zu stehen die ihnen entgegengebrachte Zuneigung, Pflege, Betreuung und Fürsorge durch freudiges Springen, Lachen, ungestüme Umarmungen (den Schwestern gegenüber) vorsichtige Berührung unserseits und vor allem mit dankbaren Blicken aus ihren großen Kinderaugen beantworteten. Wir haben den Schwestern versprochen, keine Bilder ins Netz zu stellen, da derartige Bilder in der Vergangenheit schon mehrfach missbräuchlich verwendet wurden, aber alle die mehr über dieses Projekt erfahren möchten, können sich jederzeit mit einem Eintrag auf unserem Blog mit uns in Verbindung setzen, oder sich bei Theresa melden, die eine erste Sammelrunde bereits jetzt vor Weihnachten organisiert. Übrigens würden wir uns freuen, wenn mehr Leute – so wie Traude - Kommentare zu unseren Blogs posten würden.(-wir wollen nämlich auch Neuigkeiten erfahren)
Der Königspalast in Phnom Penh, das Nationalmuseum, der von den Franzosen errichtete Zentralmarkt etc. sind sicher sehenswert, aber die eigentliche Attraktion dieser Stadt sind die Leute hier. Die Menschen dieser quirligen und pulsierenden Stadt mit mehr als 2 Mio. Einwohnern, haben ihre jüngere Vergangenheit bereits erstaunlich weit hinter sich gelassen und Phnom Penh verwandelt sich gerade wie eine Puppe zum Schmetterling. An jeder Ecke wird gebaut, produziert und/oder verkauft und Müßiggang sucht man vergeblich. Bleibt nur zu befürchten das die Phnom Penh Besucher des Jahres 2020 von der Architektur und den internationalen Designergeschäften her, die Stadt mit jeder hochentwickelten Metropole der Welt verwechseln werden.
Da es keine öffentlichen Verkehrsmittel und das Fahrrad allen zu langsam ist, sind alle motorisiert unterwegs – mit eigenem Moped, Mopedtaxi (manchmal sitzen vier Leute auf einem Moped und für eine ruhige und sichere Fahrweise muss man extra bezahlen), TukTuk, Taxi oder Auto - der Verkehr bewegt sich ohne Verkehrspolizisten und nahezu ohne Ampeln erstaunlich flüssig.
Obwohl die regierende Nationale Volkspartei Kambodschas aus der kommunistischen Partei hervorgegangen ist, kenne ich kein kapitalistischeres Land auf der Welt, es gibt keine Arbeitslosenversicherung, keine Krankenversicherung, keine Unfallversicherung (und auch keine Versicherungspaläste), beachtliche Kindergartengebühren, hohe Studiengebühren und erstaunliche hohe Preise bei den offiziell sehr geringen Durchschnittseinkommen (70 bis 150 $ pro Monat) – die meisten Einwohner dieser Stadt haben allerdings mehr als einen Job und kommen dadurch ganz gut über die Runden. Obwohl hier jeder seines eigenen Glückes Schmied ist und von Vater Staat nicht viel zu erwarten hat, bieten die Familienbeziehungen auch in der Großstadt noch eine gewisse Absicherung – wer schwer erkrankt wird nicht sich selbst überlassen sondern von der ganzen Großfamilie unterstützt – bei zumeist 4 oder 5 Geschwistern, Schwagern, Onkeln, Tanten etc. kommt schon was zusammen. Exemplarisch dazu die Biographie unserer Reisleiterin: ihr Mann hat in der Khmer Rouge Zeit seine ganze Familie verloren, ist bei Mönchen aufgewachsen, hat in Leipzig und Halle (Bruderhilfestipendium der DDR) studiert und in Hohenheim und Weihenstephan nach der Wende dissertiert, Arbeitet heute im Handelsministerium, ist Professor an der Uni und Übersetzer wichtiger Verträge und Dokumente; unsere Reiseleiterin Thea hat ebenfalls 2 Geschwister im Bürgerkrieg verloren, aber der Rest ihrer Familie fand zwischen 1979 und 1983 wieder zusammen, hat sich durch Suppenverkauf in der Früh und Kuchenverkauf am Nachmittag ihr Studium verdient - Chemie als Lehrfach - arbeitet in den letzten Jahren aber nur noch im Tourismus als perfekt deutsch sprechender Tourguide – der 11-jährige Sohn Maximilian besucht zwar eine öffentliche Schule, wird aber noch zusätzlich insbesondere in Fremdsprachen von Privatlehrern unterrichtet, der 18 Monate alte 2. Sohn (geboren mit Kaiserschnitt um 1200 $) wird tagsüber von der Oma betreut.
Das Essen schmeckt uns nach wie vor ganz ausgezeichnet, allerdings werde ich in Zukunft die Chillischoten wieder bleiben lassen – war wirklich höllisch heute Mittag – nur eine weitere Flasche Angkorbier brachte etwas Linderung.
Nach unserer Cyclotour durch die Stadt und den vielen Informationen gönnen wir uns ein gutes Abendessen am Kai. Um ins Hotel zu kommen halten wir natürlich schon sehr versiert ein Tuk Tuk auf, nennen unsere Adresse und verhandeln den Preis und los gehts. Der Fahrer nickt eifrig und fährt auch los- nur leider zum falschen Hotel. Nach einer unfreiwilligen Stadtrundfahrt durch etwas dunklere Gassen kommen wir dann aber doch gut an.
Weihnachtsstimmung gibt es nicht nur in den Geschäften mit Weihnachtsbaum und Weihnachtsmann, sondern auch in unserem Hotelzimmer!